Page 8 - Newsletter - Frühling 2019
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N°1
News
Frühling 2019
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     Harriet Abrams, Jeanne-Renée de Travanet, Sophie Gail, Josephine Lorenziti, Zoé de la Rüe, Pauline Duchambge, Louise de Beaucourt, Nélia Malliard sowie Maria Malibran sind Liedersammlungen der damals so populären Arrangements für Gesang und Harfe oder Klavier.
„Ich habe versucht, so viele Komponistinnen wie möglich mit unterzubringen, sodass wir sie besser kennen lernen können,“ erklärt Moretón. „Alle Werke in beiden Sammlungen waren auch damals schon veröffentlicht, sie kommen also nicht einfach von Manuskripten privat aufgeführter Musik. In den Neuausgaben sind außerdem so viele biografische Hintergrundinformationen untergebracht wie möglich. Die Harfe war in jener Zeit ein wichtiger Teil im Leben vieler Frauen – wie das Klavier gehörte sie fest zum Bildungsprogramm einer Dame. Es erscheint absurd, dass diese Musik unbekannt bleibt oder ganz in Vergessenheit gerät.“
Isabel Moretón ist dabei mitnichten eine fanatische Puristin. „Ich habe einen Nachbau einer spanischen Harfe aus dem Jahr 1704“ ,
erklärt sie, „und natürlich bin
ich interessiert an historischer Aufführungspraxis. Man muss sich der Vergangenheit bewusst sein und einen Sinn dafür entwickeln, wie die Musiker in der jeweiligen Zeit gearbeitet haben, um diesen Teil unserer Tradition mit in die Aufführung einzubringen. Aber es steht genauso fest, dass wir nicht mehr im 18. Jahrhundert leben. Wir blicken auf die Alte Musik
von unserem eigenen Standpunkt zurück, eingebettet in unsere eigene Tradition, die sich nun im 21. Jahrhundert vorfindet. Ich bin nicht sicher, inwieweit wir uns von den letzten 500 Jahren freimachen können, falls wir das überhaupt wollen. In jedem Fall ist es nicht
einfach, die vielen unterschiedlichen Harfentypen zu beherrschen – ich habe die allergrößte Bewunderung für alle, die das tun, aber mein eigener Hintergrund ist die Konzertharfe. Also tendiere ich dazu, mich auf sie zu konzentrieren und die verschiedenen historischen Aspekte so gut ich kann auf meinem Instrument darzustellen.“
Die Frage nach der „Authentizität“ ist nie weit von der Harfe entfernt. Sie steht für die gesamte Musikwelt im Raum, nachdem sich im 20. Jahrhundert die historische und, in abgemilderter Form, die historisch- informierte Aufführungspraxis entwickelten.
Dabei ist es von besonderer Relevanz, dass sich die Doppelpedalharfe zwar rasch, aber erst relativ spät im Laufe des 19. Jahrhunderts zu ihrer landläufigen Form entwickelte. Außerdem
blieb das Standardrepertoire vergleichsweise klein – kleiner
wohl, als es sein müsste oder
sollte. Aber gerade dadurch wird
die Frage nach Transkriptionen
umso dringlicher, als beispielsweise bei der Violine oder dem Klavier. Isabel Moretón konzentriert sich
für ihre Konzertprogramme auf Originalliteratur, hat aber auch ein sehr erfolgreiches Kammermusik- Ensemble, bei dem sie ausschließlich Transkriptionen spielt: ihr höchst ungewöhnliches Duo für Harfe
und Panflöte mit Matthias Schlubeck. „Natürlich spielen wir Transkriptionen,“ sagt Moretón pragmatisch, „das geht auf der Panflöte gar nicht anders.“
„Matthias kam auf mich zu, und ich muss gestehen, dass ich zuerst etwas skeptisch war, in dem Sinne, dass ich nicht Weltmusik in Einkaufszentren spielen wollte. Also legte ich Wert darauf, dass wir beide eine ähnliche Idee vor Augen hatten. Ich bat
ihn um einige Aufnahmen seiner Musik, sodass ich mich besser entscheiden konnte, und war
sehr beeindruckt von dem, was
ich hörte. Der Klang der Panflöte erinnerte mich an die Traversflöte und ich konnte mir durchaus vorstellen, dass die Kombination der Holztöne von der Panflöte sehr gut mit der Harfe zusammenpassen würden. Manchmal muss ich mich immer noch dafür rechtfertigen, zusammen mit Panflöte zu spielen, was schade ist. In der Schweiz steht das Instrument viel mehr in der öffentlichen Wahrnehmung. Matthias war der erste Panflötist, der ein Konzertexamen in Deutschland abgeschlossen hat, und hat sich in der Folge mit seinen Interpretationen klassischer Werke einen Namen gemacht.
Er hat darüber hinaus die Zeit gefunden, drei Goldmedaillen
bei den Paralympischen Spielen zu gewinnen und Weltrekorde
im paralympischen Schwimmen aufzustellen ... Er hat sich sehr dafür eingesetzt, sein Instrument in eine seriöse Position zu bringen, auch in Verbindung mit seinem
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